• Veröffentlichungsdatum : 13.11.2025
  • – Letztes Update : 14.11.2025

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  • 472 Wörter

Gehirne der Armeen? Die Generalstäbe der europäischen Mächte im Vorfeld der Weltkriege

Lukas Grawe (Hg.)

Lukas Grawe (Hg.)

Gehirne der Armeen?

Die Generalstäbe der europäischen Mächte im Vorfeld der Weltkriege

Brill, Schöningh Verlag, 2023

ISBN: 978-3-506-79195-5

424 Seiten

85,33 €

Mit dem Band 118 der Reihe „Krieg in der Geschichte“ bringt der Schöningh Brill Verlag ein Werk, das sich mit verschiedenen Beiträgen zur Rolle und zum Wirken der Generalstäbe in Europa vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg annimmt. Das Buch ist in zwei große Abschnitte geteilt, wobei sich der erste mit der Zeit vor 1914 und der zweite mit den Jahren vor Kriegsausbruch 1939/1940 auseinandersetzen.

Vor dem Ersten Weltkrieg gab es das geflügelte Wort, dass fünf europäische Einrichtungen vollkommen wären: die Römische Kurie, das Britische Parlament, das Russische Ballett, die Französische Oper und der Preußische Generalstab. Besonders nach den Siegen der deutschen Einigungskriege zwischen 1864 und 1871 umrankten den Generalstab Preußens zahlreiche Mythen, denen in diesem Buch auf den Grund gegangen wird.

Der Herausgeber befasst sich einleitend mit der Entwicklung des militärischen Stabswesens und den Aufgaben des Generalstabes allgemein. Im Abschnitt, der sich mit der Zeit bis 1914 befasst, werden die Generalstäbe Österreich-Ungarns, Preußens, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Serbiens, Rumäniens und des Osmanischen Reiches in verschiedenen Beiträgen thematisiert. Im Abschnitt zum Zeitraum vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges werden der Deutsche Generalstab, der britische General Staff (1933 bis 1939), der Stab der Roten Armee (zwischen dem Ende des Bürgerkrieges und Mitte der 1930er-Jahre), sowie die Generalstäbe Italiens, Polens, Ungarns und Rumäniens analysiert und dem Leser nahegebracht.

Das Buch zeigt, dass in den verschiedenen Staaten unterschiedliche Herangehensweisen in Bezug auf ihre Generalstäbe bestanden. Teilweise waren sie sehr mächtig und konnten sogar die Außenpolitik beeinflussen. Die Position des Generalstabes und seines Chefs in der Hierarchie der verschiedenen Staaten und der Zugang zur Staatsspitze war durchwegs ein wichtiger Faktor für deren Macht und Einfluss. Besonders wertvoll sind neben den Beiträgen zu den bekannteren Stäben der Großmächte die Ausführungen zu den Generalstäben der Balkanstaaten, die im deutschsprachigen Raum bisher noch wenig beachtet wurden.

Das vorliegende Werk stellt die Generalstäbe an der Spitze der Streitkräfte in den Vordergrund der Betrachtung, während die Truppengeneralstäbe nur am Rande thematisiert werden. In den Beiträgen, die in deutscher oder englischer Sprache abgefasst sind, wird auf unterschiedliche Fragestellungen eingegangen. Diese umfassen nicht nur die Aufgaben und Funktionsweise der Stäbe sowie deren führenden Persönlichkeiten, sondern auch zur Sozialisation der Generalstabsoffiziere, der Rolle der Generalstäbe in der militärischen Aufklärung, das Verhältnis zum Souverän, fördernde und hemmende Strömungen oder die Rolle im Zusammenwirken mit anderen militärischen und zivilen Stellen in der staatlichen Hierarchie.

„Gehirne der Armeen?“ ist ein interessantes Werk, das einen tiefgreifenden und breit gefächerten Überblick über die unterschiedlichen Generalstabssysteme in Europa vor den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts vermittelt. Es eröffnet dem Leser viele neue Perspektiven und beantwortet auch die Frage, ob es sich beim Generalstab tatsächlich um die militärischen Gehirne der Armeen handelt.

-hb-

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