• Veröffentlichungsdatum : 27.04.2016
  • – Letztes Update : 17.05.2016

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  • 870 Wörter

Willkommener Räuber

Tamino Eder

Der Truppenübungsplatz Allentsteig im Waldviertel ist 2016 wieder einmal in aller Munde. Dieses Mal jedoch nicht wegen der anstehenden Reorganisation in ein zeitgemäßes Gefechtsübungszentrum, sondern wegen seines neuen und scheuen Bewohners - dem Wolf.


Der Wolf (canis lupus) ist ein Beutegreifer und den hundeartigen Raubtieren zuzurechnen. Sie leben in Familienverbänden, die als Rudel bezeichnet werden. Die Hauptbeute des Wolfes sind mittelgroße bis große Huftiere.

Besteht eine Gefahr für den Soldaten? Nein, da Wölfe prinzipiell Menschen scheuen, sofern diese es unterlassen, sie anzufüttern!

Verbreitung

Ursprünglich war der Wolf unter den Großsäugern das Tier mit der weltweit größten Verbreitung. Die Art war seit dem späten Pleistozän, etwa einhunderttausend Jahre lang, in ganz Europa, weiten Teilen Asiens einschließlich der Arabischen Halbinsel sowie Japan und Nordamerika verbreitet. Durch die intensive Verfolgung, Lebensraumzerstörung und den Rückgang seiner Beutetiere wurde der Wolf in Westeuropa schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet.

In Österreich gilt die Art seit mehr als hundert Jahren als „ausgestorben“. Allerdings wandern seit einigen Jahren immer wieder Wölfe aus Italien, der Schweiz, Slowenien und der Slowakei ein. Ob das dauerhaft sein wird, werden die nächsten Jahre zeigen. Insgesamt leben derzeit zwischen 10 000 und 20 000 Wölfe in Europa (außerhalb Russlands).

Eine Rückkehr von Wölfen findet vor allem dort statt, wo sich ein ausreichendes Nahrungsangebot und ungestörte Lebensräume befinden und man ihn duldet.

Naturraum Truppenübungsplatz

Der Truppenübungsplatz Allentsteig (TÜPL A) mit seinem unbewohnten Gebiet von 157 Quadratkilometern stellt für den Wolf einen idealen Lebensraum dar. Das Gebiet besteht heute aus weiten, nicht mehr genutzten und daher teilweise naturnahen Flächen (45 Prozent des Areals sind Brachflächen). In Österreich findet man eine Kulturlandschaft in dieser Ausdehnung sonst nirgendwo mehr vor. Der TÜPL A gilt daher als ein bedeutendes Rückzugsgebiet für bedrohte Arten. Im Jahre 2009 wurde er als Europaschutzgebiet nach dem EU-Programm „Natura 2000“ gewidmet. Das Naturschutzgebiet umfasst dabei 10 919 Hektar.

Bei diesen Bedingungen ist es nicht verwunderlich, dass sich seit dem Frühjahr 2015 die Verdachtsmomente für eine Rückkehr des Wolfes in Form von Wolfsspuren und -losungen verhärteten. Zuerst ging man von einzelnen Individuen auf der Durchreise aus. Im Herbst 2015 startete man daher am TÜPL A ein Monitoring mit Fotofallen.

Die dabei entstandenen Fotos können noch nicht eindeutig zugeordnet werden. Die daraufhin durchgeführten DNA Untersuchungen von Wolfsspuren ergaben aber, dass sich ein männliches Individuum mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Lausitz stammend (Region in Deutschland und Polen) permanent am Truppenübungsplatz aufhält. Weitere DNA Analysen werden zeigen, ob noch andere Wölfe den TÜPL als Revier auserkoren haben.

Der Wolf im Ökosystem

Da sich der Wolf vor allem von Wild und vereinzelt auch von Nutztieren ernährt, sind Konflikte vorprogrammiert. Das TÜPL Areal wird intensiv von der Jägerschaft genutzt. Hirsche, Rehe, Wildschweine und Mufflons kommen in einem sehr dichten Bestand vor. 2 000 bis 3 000 Stück werden jährlich geschossen, was den Truppenübungsplatz zum größten Wildbretlieferanten Österreichs macht. Besonders Rotwild vermehrt sich in der steppenartigen Landschaft gut, wodurch eine unnatürlich dichte Population entsteht.

Aus ökologischer Sicht ist der Wolf als ursprünglich einheimische Tierart ein natürlicher und unverzichtbarer Bestandteil der biologischen Vielfalt. In seiner Funktion als Raubtier ist er ein wichtiges Element der Lebensgemeinschaften in Biotopen. Für das heimische Ökosystem bringt seine Anwesenheit mehr Vorteile als Nachteile.

Es ist erwiesen, dass Wölfe aktiv dazu beitragen, dass Wildtierbestände vitaler werden und Ökosysteme im Gleichgewicht bleiben. Da Wölfe meist nur schwache Tiere erbeuten (ganz junge, alte oder kranke), können sich nur die gesunden und starken Tiere fortpflanzen. So verhilft er zu einem kräftigen und gesunden Wildtierbestand.

Die Rückkehr des Wolfes verändert das Verhalten seiner Beutetiere, wie Hirsche oder Rehe. Diese wandern mehr umher und bleiben nicht immer am selben Ort. Somit hat die Vegetation mehr Zeit um nachzuwachsen und der Verbissdruck (Wildschäden bei jungen Pflanzen) nimmt ab.

Wolfsmanagement

Die Rückkehr durch natürliche Ausbreitung wird vom Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport mitgetragen und auf dem TÜPL A begrüßt. Es ist eine Chance, die genützt wird, damit ein ursprünglicheres Gleichgewicht im Ökosystem entstehen kann. Hierzu ist es erforderlich, engen Kontakt mit dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung zu halten und ein abgestimmtes Wolfsmanagement zu betreiben.

Die Richtlinie in Österreich stellt der nationale Wolfsmanagementplan aus dem Jahre 2012 dar. Dieser gibt den Rahmen vor und dient als Leitfaden für die Umsetzung von Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern. Er schafft die Voraussetzung für ein reibungsloses Zusammenleben zwischen Wolf und Mensch. Konflikte können durch zielorientiertes Handeln minimiert bzw. vermieden werden. Das zeigen auch Erfahrungen aus anderen Ländern.

Exkurs: Rechtliche Rahmenbedingungen

Im internationalen Recht ist der Wolf als „streng geschützte Tierart“ im Anhang II der Berner Konvention (Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume) und in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH - Richtlinie, RL 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen; Anhang II und Anhang IV) verankert. Seine Nennung im Anhang II der FFH-Richtlinie regelt, dass für den Erhalt dieser Art Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Im Anhang IV befinden sich all jene Tier- und Pflanzenarten, zu deren Schutz entsprechende Artenschutzbestimmungen einzuhalten sind. Die Verpflichtungen der FFH-Richtlinie sind in den Naturschutzgesetzen der Länder umgesetzt bzw. finden sich Schutzbestimmungen in den Landesjagdgesetzen wieder.

 

Oberstleutnant dhmtD Mag. Dr. Tamino Eder, MBA ist Offizier beim Referat Umweltschutz, Ökologie & Nachhaltigkeit in der Abteilung Logistische Unterstützung.

 

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