• Veröffentlichungsdatum : 30.06.2016
  • – Letztes Update : 07.07.2016

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  • 969 Wörter

Miliz im Einsatz

David Christa

Die Migrations- und Flüchtlingskrise forderte die Organe der öffentlichen Sicherheit. Aufgrund der großen Anzahl an Schutzsuchenden unterstützte das Österreichische Bundesheer die Behörden. Im Einsatz war auch ein Zug Milizsoldaten des Jägerbataillons Oberösterreich.

Themenschwerpunkt Migration

Die Stadt Salzburg war seit Beginn der Migrations- und Flüchtlingskrise ein wichtiger Knotenpunkt der Fluchtbewegungen von Ungarn beziehungsweise vom Balkan über Österreich nach Deutschland. Anfangs kam ein Großteil der hilfs- und schutzbedürftigen Fremden („hsF“ - die offizielle Bezeichnung der Flüchtlinge; Anm.) mit Zügen am Salzburger Hauptbahnhof an, um sich von dort aus auf die letzte Etappe in ihr Zielland zu begeben. Deshalb wurde in der Tiefgarage des Hauptbahnhofs Salzburg eine provisorische Unterkunft für diese Menschen eingerichtet.

Die Unterkunft erwies sich jedoch bald als unzureichend und wurde durch ein Flüchtlingstransitquartier auf einem ehemaligen Asfinag-Gelände in der Nähe der Autobahnabfahrt Salzburg-Mitte ersetzt („Transitquartier Asfinag“). Dieses Areal entwickelte sich in weiterer Folge zu einem kombinierten Transit- und Asylnotquartier. Täglich passierten zwischen 1 000 und 2 000 Personen diese Einrichtung. Die durchschnittliche Bewohnerzahl lag bei etwa 500 Personen, zwischen 50 und 150 davon waren dauerhaft untergebrachte Asylwerber.

Teil der Assistenzkompanie

Zur Unterstützung der zivilen Einsatzkräfte im Raum Salzburg wurde vom Österreichischen Bundesheer im „Assistenzeinsatz Migration“ eine verstärkte Kompanie gestellt. Die Kräfte dieser Kompanie unterstützten die Polizei im und um das Transitquartier Asfinag sowie am Hauptbahnhof Salzburg mit dem Auftrag die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.

Ab Ende Februar 2016 bestanden diese Kräfte aus einer eigens formierten Kader-Einsatz-Kraft-Kompanie der 4. Panzergrenadierbrigade. Fünf Wochen lang stellte auch das Jägerbataillon Oberösterreich einen Zug für diese Kompanie. Zum ersten Mal war ein Zug, der ausschließlich aus Milizsoldaten bestand im Sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz.

Vorbereitende Maßnahmen

Bereits im Herbst 2015 gab es im Stab des Jägerbataillons Oberösterreich erste Erwägungen, einen kompletten Zug von Milizsoldaten in den Assistenzeinsatz zu entsenden. Mit dieser Initiative wollte das Jägerbataillon einen neuen Weg zeigen, wie zusätzliche militärische Kräfte für einen Einsatz aufgeboten werden können. So sollte eine Alternative zur bisherigen Vorgehensweise eröffnet werden. Diese sieht vor, dass einzelne Milizsoldaten in die präsenten Kräfte eingegliedert werden.

Der Bataillonskommandant, Oberstleutnant Claus Helmhart, verständigte seine Soldaten mit einem Kommandantenbrief über dieses Vorhaben und lud sie ein, sich dafür zu melden. Als Einsatzzeitraum wurden der Jänner und Februar 2016 gewählt. Dabei wurde berücksichtigt, dass viele studierende Bataillonsangehörige im Februar Semesterferien haben. Tatsächlich meldeten sich bis Dezember 2015 bereits 40 Soldaten, viele davon Studenten. Der Einsatz des Zuges war gesichert, und die Vorbereitungen konnten in die nächste Phase gehen.

Ausbildung

In der letzten Jännerwoche 2016 rückten die Milizsoldaten zur Einsatzvorbereitung in Hörsching ein. Es folgten zwei intensive Ausbildungstage durch Kadersoldaten des Panzergrenadierbataillons 13, die das einsatzrelevante Wissen und Können auffrischten und ergänzten. Der Schwerpunkt der Ausbildung lag auf Fixiergriffen und Personendurchsuchung, aber auch Waffen- und Schießdienst mit der Pistole 80 sowie CRC (Crowd and Riot Control - Beherrschen von Menschenmengen; Anm.) waren Themen.

Bereits am Vormittag des dritten Tages verlegte der Zug in den Einsatzraum Salzburg und wurde in die Kader-Einsatz-Kraft-Kompanie eingegliedert. In Salzburg folgten weitere Ausbildungen und Belehrungen. Dabei wurden vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes und psychologische Themen behandelt. Weiters wurden die Soldaten in den Einsatzraum vom Kommandanten der abzulösenden Kompanie eingewiesen. Für den vorgesehenen Einsatz des zugstarken Milizelementes waren lediglich drei Tage Vorbereitung erforderlich. Die folgende Nacht war kurz. Bereits um vier Uhr am Morgen des nächsten Tages übernahm der Milizzug die Verantwortung im Transitquartier Asfinag. Der Zug versah die ersten Stunden den Dienst gemeinsam mit Teilen der abzulösenden Kompanie. Um 10 Uhr war die Ablöse abgeschlossen und die neuen Assistenzsoldaten alleine für die Erfüllung des Auftrages verantwortlich.

Auftrag

Der Auftrag im Transitquartier beinhaltete unter anderem 

  • den Einsatz mehrerer Posten und Streifen,
  • das Überwachen des Aus- und Einsteigens der Schutzsuchenden in die Busse,
  • das Schlichten von Streitigkeiten unter den Personen im Quartier, aber auch
  • administrative Tätigkeiten, wie das Führen der Belegungsstände der Einrichtung.

Diese Aufgaben wurden mit der Einsatzleitung vor Ort, gestellt von Stadt und Land Salzburg, sowie dem Einsatzstab der Landespolizeidirektion Salzburg, koordiniert. Das Bundesheer stellte mit dem ständig anwesenden Zug die größte Gruppe aller Akteure im Transitquartier. Daneben waren zumeist eine Polizeistreife, fünf bis zehn Dolmetscher, Sanitätspersonal und Mitglieder ehrenamtlicher Organisationen wie der Caritas oder „Bauern helfen Bauern“ auf dem Gelände präsent.

Zusammenarbeit - eine Herausforderug

Ein wesentlicher Aspekt des Einsatzes war die Zusammenarbeit mit zivilen Organisationen im Transitquartier. Das verlief nicht immer reibungslos. Ausschlaggebend dafür waren vor allem die unterschiedlichen Prioritäten beziehungsweise Aufgaben der einzelnen Gruppen.

So war es für die ehrenamtlichen Organisationen meist erste Priorität, den Aufenthalt der Schutzsuchenden auf dem Gelände möglichst angenehm zu gestalten. Dies führte jedoch mitunter zur Vernachlässigung der allgemeinen Sicherheit. Diese stand wiederum in der Prioritätenliste der militärischen Kräfte ganz oben. Für die Kommandanten und Soldaten war sowohl diplomatisches Geschick, als auch Durchsetzungsvermögen gegenüber den zivilen Helfern erforderlich.

Schwierigkeiten ergaben sich auch durch die eingeschränkten Befugnisse der militärischen Kräfte. Die Soldaten waren beispielsweise nicht befugt, Personen anzuhalten und deren Identitäten festzustellen oder Personen vom Areal zu verweisen. Das durfte nur die Einsatzleitung. Darum blieben jene, die gegen die Hausordnung der Einrichtung verstoßen hatten, relativ lange vor Ort, bis sie von der zuständigen Behörden vom Gelände verwiesen wurden. Dennoch führte das Auftreten der Soldaten dazu, dass sich auffällige Personen rasch beruhigten und die Ruhe und Ordnung wieder in vollem Umfang hergestellt werden konnte.

Resümee

Der Milizzug hat ab Beginn seines Einsatzes gute Arbeit geleistet. Die Milizsoldaten haben gezeigt, welchen Einsatzwillen, Motivation und Fähigkeiten die Miliz des Österreichischen Bundesheeres besitzt und in einen Einsatz mitbringt.

Die Möglichkeit, gemeinsam mit persönlich bekannten Kameraden in den Assistenzeinsatz gehen zu können, war für viele entscheidend, für ihre freiwillige Meldung. Daraus folgt, dass durch den Einsatz von geschlossenen Milizteilen relativ rasch zusätzliche Kräfte des Bundesheeres auch für einen Sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz bereitgestellt werden können.

„Wir hoffen, dass die Leistung der Milizsoldaten wahrgenommen, und die Miliz auch in Zukunft bei Einsätzen des Österreichischen Bundesheeres eingesetzt wird“.

Leutnant David Christa war Kommandant des Miliz-Assistenzzuges in Salzburg.

 

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