• Veröffentlichungsdatum : 01.09.2016

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Die andere Seite

Marko Pišlar

Gegenüber von Spielfeld, auf der slowenischen Seite der Grenze, liegt Šentilj. Während der Flüchtlings- und Migrationskrise 2015 befanden sich dort häufig tausende Menschen gleichzeitig. Die Gemeinde wurde zu einem neuralgischen Punkt der Schutzsuchenden auf ihrem Weg nach Europa.

Themenschwerpunkt Migration

Seit Beginn der Flüchtlingsbewegungen befand sich eine große Anzahl von Menschen in Šentilj an der slowenisch-österreichischen Grenze. Die Schutzsuchenden, die dort angekommen waren, wurden mit Zügen und Bussen in Gruppen von 500 bis 1 500 Personen von der slowenisch-kroatischen Grenze in den Ort transportiert. Šentilj wurde zur höchstbeanspruchten slowenischen Übertrittsstelle an der Grenze zu Österreich.

Situation in Sentilj

Um den Ort zu entlasten waren Vertreter der Gemeinde darum bemüht, zumindest eine zusätzliche Übertrittsstelle in Slowenien zu errichten. Der Bürgermeister von Šentilj, erläuterte, dass die Verhältnisse in der Gemeinde »trotz der großen Anzahl an Flüchtlingen immer unter Kontrolle waren.« Die Polizei und die slowenischen Streitkräfte waren vor Ort und haben für die Sicherheit der Bürger und ihres Besitzes gesorgt.

Auf Initiative der Gemeinde konnte eine temporäre Eisenbahnstation in der Nähe der Flüchtlingssammelstelle eingerichtet werden. So mussten die Züge mit den Migranten nicht mehr im Ortszentrum von Šentilj halten. Bevor die Haltestelle errichtet war marschierten die Schutzsuchenden in Gruppen durch die Ortschaft zu den Zelten der Flüchtlingseinrichtung. Dadurch musste die Straße durch den Ort gesperrt werden, was zu Verkehrsbehinderungen und Unmut bei den Bewohnern führte. Nun kamen die Züge mit den Schutzsuchenden in unmittelbarer Nähe der Sammelstelle an, was die Situation entspannte.

Die Folgen der Flüchtlings- und Migrationskrise spürten neben den Bewohnern von Šentilj auch die Gastgewerbe- und Handelsbetriebe sowie andere Geschäftstreibende. Diese hatten aufgrund der Schließung des alten Grenzüberganges, an dem sich zahlreiche Unternehmen befinden, teilweise erhebliche Umsatzrückgänge zu verbuchen. Die Gäste aus dem Ausland wurden vor allem von den strengeren Grenzkontrollen abgeschreckt.

Flüchtlingssammelstelle

In der Flüchtlingssammelstelle in Šentilj, wo etwa 2 000 Flüchtlinge gleichzeitig aufgenommen werden konnten, hielten sich die Migranten nur für kurze Zeit auf. In der Einrichtung wurden sie mit Nahrung und Bekleidung versorgt und auch medizinisch betreut. Jene Schutzsuchenden, die den Ort in den Abendstunden erreicht hatten, übernachteten dort und setzten ihren Weg in Richtung österreichische Grenze am nächsten Tag fort.

Die Flüchtlingssammelstelle in Šentilj wurde am alten Grenzübergang auf zwei Parkplätzen errichtet, die einst von Lastkraftwagen und Sattelschleppern genutzt wurden. Auf dem unteren Parkplatz wurden Zelte für rund 600 Personen aufgestellt, auf dem oberen konnten in zwei Messezelten zusätzlich bis zu 1 400 Menschen untergebracht werden. Wie der Leiter der Einrichtung versicherte, erhielten die Flüchtlinge zweimal täglich kalte Verpflegung (Frühstück und Abendessen) und eine warme Mahlzeit, die von den slowenischen Streitkräften geliefert wurde. Die medizinische Versorgung durch einen Arzt und durch entsprechendes Personal war rund um die Uhr sichergestellt.

Betrieb der Sammelstelle

Um den Betrieb der Flüchtlingssammelstelle kümmerten sich täglich 150 bis 200 Personen. Neben Polizisten und Soldaten, die für die Sicherheit sorgten und die Flüchtlinge begleiteten, waren Angehörige des Zivilschutzes, freiwillige Helfer des slowenischen Roten Kreuzes, der slowenischen Caritas und der slowenischen Philanthropie sowie die Feuerwehr eingesetzt. Die Freiwilligen, die sich für die Arbeit in der Einrichtung gemeldet hatten, wurden dem Slowenischen Roten Kreuz oder der slowenischen Caritas zugeteilt. Diese Organisationen waren für die Versorgung der Schutzssuchenden mit Nahrung, Bekleidung und anderen Gegenständen des täglichen Gebrauchs verantwortlich.

In Šentilj waren neben den freiwilligen Helfern aus Slowenien auch solche aus dem Ausland eingesetzt. Einer von ihnen war Ahmad Monzalgi, ein gebürtiger Syrer, der bereits 35 Jahre in der Nähe von Šentilj lebt. "Ich habe mich gemeldet, da ich meinen Landsleuten helfen möchte", erklärte der Pensionist, der aufgrund seiner Arabischkenntnisse vorwiegend als Übersetzer tätig war. Er kam fast jeden Tag. War er verhindert, befand sich seine Tochter vor Ort und übersetzte.

Sauberkeit und Hygiene

Eine Herausforderung war es, die Sauberkeit und Hygiene in der Flüchtlingseinrichtung aufrechtzuerhalten. Aufgrund der hohen Zahl von Menschen wurde die Anlage täglich von Freiwilligen und Bediensteten kommunaler Unternehmen gesäubert. Jeden dritten Tag wurden die Zelte desinfiziert, um eine mögliche Ausbreitung gefährlicher ansteckender Krankheiten zu verhindern. 

Bei der Arbeit im Lager mussten Schutzmasken und Gummihandschuhe getragen werden. Die regelmäßige Desinfizierung der Hände wurde empfohlen. Auch Angehörige der veterinärmedizinischen Einheit der slowenischen Streitkräfte kümmerten sich um die Aufrechterhaltung der Hygiene vor Ort.

"Wenn die Objekte leer und gesäubert sind, kommen wir Veterinäre der slowenischen Streitkräfte und desinfizieren die Räume, womit wir die Möglichkeiten zur Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten verhindern", erklärte ein Soldat dieser Einheit seine Tätigkeit. Die Oberflächen wurden mit Desinfektionsmitteln aus Motorspritzen besprüht, zusätzlich waren zwei Räucherapparate und elektrische Kühlsprühgeräte eingesetzt.

Die Arbeit der Veterinäre umfasste ebenfalls die Rattenbekämpfung. Diese war notwendig, da in der Umgebung der Sammelstelle weggeworfene Nahrungsmittel lagen, was Mäuse und Ratten anlockte. Diese Nagetiere können Überträger ansteckender Krankheiten sein.

Resümee

Die Bewältigung der Migrations- und Flüchtlingskrise am Grenzübergang zu Österreich in Šentilj war eine Aufgabe von zivilen und militärischen Organisationen. Gemeinsam konnte die Situation vor Ort, mit ihren vielfältigen Aufgabengebieten, bewältigt werden.


Marko Pišlar ist Redakteur der slowenischen Fachzeitschrift Slovenska Vojska.

 

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